Zwei Sterbliche, die mit den gesellschaftlichen Verhältnissen höchst unzufrieden sind, wollen eine Wolkenstadt zwischen Himmel und Erde bauen, wo man weder Götter noch Menschen fürchtet und endlich die ersehnte Freiheit erlangen kann. Im Reich der Vögel finden die beiden schließlich Hilfe für ihr Vorhaben und es entwickelt sich ein turbulentes Abenteuer…

Die berühmte Aussteigerkomödie von Aristophanes wurde am 23. Mai von der Theater-AG des Schönborn-Gymnasiums mit viel Elan und schauspielerischem Können auf die Bühne gebracht. Dem ganzen Ensemble merkte man die große Spielfreude an, frecher und bissiger Witz fehlte hier ebenso wenig wie aufklärerisches Pathos – das Publikum erlebte eine äußerst abwechlsungsreiche Premiere. Die wunderbar gewandeten Vögel (u.a. Jana Fesenbeck als Marabu und Charlotte Magez als Kolibri) deklamierten, krächzten und debattierten, was das Zeug hielt und die Zuschauer amüsierten sich prächtig, was auch in der Aufführung für Mitschüler am nächsten Tag nochmals zum Ausdruck kam.

Als Besonderheit dieser Inszenierung hatte der Abiturient Benedikt Burkard extra zwei Ouvertüren komponiert, mit denen er die Gesamtstimmung des Werks wunderbar einzufangen verstand – unterstützt von einem hochkarätigen Musikerensemble (u.a. Daniel Busche an der Violine und Mariya Moshkevych am Klavier). Und was der griechische Dichter Aristophanes vor etwa 2500 Jahren als gesellschaftskritische Utopie erdacht hatte, bewies hier in der zwischenzeitig recht aufgeheizten Stimmung ungeahnte Aktualität: Die beiden Athener Euelpides und Pisthetairos (wunderbar verkörpert von Christopher Nasios und Benedikt Burkard, s. Foto) werden mit den buntesten Vögeln ebenso konfrontiert wie mit pöbelnden, lärmenden Jugendlichen, die von ihren scheinheiligen Mitmenschen und ihrer ach so fortschrittlichen Kultur gründlich die Nase voll haben. Die Schönheit der Welt preisen – ja, wieviel ist denn heute noch davon übrig? Die vielen wunderbaren Vögel am Himmel – ja, wieviele Arten haben die Menschen denn überhaupt noch übrig gelassen? Herrschaftsanspruch und Zerstörungswahn des Menschen lassen auch heute noch von besseren Verhältnissen, vielleicht sogar einem herrschaftsfreien Raum wie bei Aristophanes träumen. Wer wollte das nicht, eine Welt der Freiheit und des Müßiggangs, wo Wohlstand blüht und doch keiner schuftet? Aber das ist dann doch zu schön, um wahr zu sein: An die Macht gekommen, erkennen die neuen Herrscher schnell, wie sie diese missbrauchen und zu Geld kommen können – Korruption und Machtmissbrauch greifen um sich und alles gerät immer mehr aus den Fugen. Während es bei Aristophanes allerdings schließlich doch noch ein Happy End gibt, werden in der am SBG gespielten Schlussversion von Karl Kraus am Ende alle Unbotmäßigen gründlich gerupft und das glückliche Wolkenkuckucksheim bleibt am Ende doch ein unerreichbarer Nicht-Ort, eben eine Utopie.

Glücklich war dagegen am Ende die Theater-AG über ihre großartige Leistung und ihre Leiterinnen Claudia Heim und Barbara Lehrian bekamen ehrlichen und lang anhaltenden Applaus. Ihnen, zahlreichen weiteren Helfern wie auch der Badischen Landesbühne mit ihrer wunderbaren professionellen Unterstützung (v.a. Kerstin Oelker für die Kostüme und Marco Wörle für die Beleuchtung) gebührt großer Dank dafür, dass Aristophanes‘ bissige Komödie im Theaterkeller des Schönborn-Gymnasiums so modern und farbenfroh weiterleben durfte.

Sehnsucht nach dem Wolkenkuckucksheim: Die Theater-AG präsentiert „Die Vögel“ von Aristophanes

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